
ISBN 3-8289-6919-4
Klappentext:
Sommer 1224: Ein junger Mönch soll im Auftrag einer Kirchenkommission die geheimnisvollen Machenschaften des Priors Simon de Quincy im schottischen Augustinerkloster Inchcolm aufklären ...
Simon Taylors facettenreiches Mittelalter-Epos schildert das klösterliche leben, das von Verrat, Intrige und Mord erschüttert wird. Die darmatischen Konflikte spiegeln die großen geistigen, politischen und religiösen Auseinandersetzungen der Welt im Umbruch.
Simon Taylor ist Herausgeber und Übersetzer des „Scotichronicon“, der größten schottischen Chronik des Mittelalters, die der Augustinermönch Walter Bower im 14. Jahrhundert auf der Klosterinsel Inchcolm niedergeschrieben hat.
Herbst 1178: Duscath, ein schottischer Bauernjunge und Schildknappe des Landesherrn Sir William de Mortimer, flieht vor dessen Nachstellungen zu den Augustinern auf der Klosterinsel Inchcolm und wird als Novize aufgenommen.
Sommer 1224: Simon de Quincy, der skandalumwitterte Prior des Klosters, ist bei einem Brand umgekommen. Der junge Mönch Martin begibt sich auf die Insel, um die mysteriösen Vorgänge auf Inchcolm zu untersuchen. Duscath, alias Bruder Michael, erzählt ihm die Geschichte eines Lebens, das mit dem Simons schicksalhaft verbunden war – so eng wie Licht und Schatten.
Vor den Augen des Lesers entfaltet sich ein bewegtes Fresko der politischen, religiösen und geistigen Konflikte im hohen Mittelalter: das klösterliche Leben mit seinen strengen Regeln und Intrigen, die Machtkämpfe zwischen König und römischer Kurie, Klerus und Adel, zwischen englischem und schottischem Königshof. Die geistige Befindlichkeit jener Zeit kristallisiert sich in den beiden Antipoden Michael und Simon.
Jener ist ein naiver, integrer Klosterbruder, der aufrichtig um seinen Glauben und einen moralischen Lebenswandel ringt, dieser ein zynischer „Macchiavelli“, der kühl kalkulierend und manipulierend seinen Karriere verfolgt und auch vor Mord nicht zurückschreckt – er ist zugleich der Repräsentant des modernen , kritisch-rationalen Denkens, das ihn den einfacher strukturierten, religiös verwurzelten Menschen seiner Umgebung überlegen macht. Aus seiner Perspektive wird die Geschichte im letzten Teil des Buches in geraffter Form erzählt: Bruder Martin findet das Manuskript Simons, das die Bekenntnisse Duscaths ergänzt und neu beleuchtet.
Beurteilung:
Die Handlung von Bruder Martin ist nur die Rahmenhandlung. Der größte Teil des Buches ist die Erzählung der Lebensgeschichte des Duscath, der als Bruder Michael im Kloster Inchcolm lebt. Er erzählt von seinen Erlebnissen mit dem zudringlichen, brutalen Sir William de Mortimer, von seiner Liebe zu Bruder Edward, von den strengen Klosterregeln, von den verräterischen Mitmönchen wie Subprior Brice und Bruder Andrew, von Intrigen spinnenden und ihre eigenen Vorteile und die persönliche Karriere pflegenden Klostervorstehern, Bischöfen, Königen, Kardinälen und Päpsten usw. Das Ganze immer in Begleitung von Ängsten und Gewissensnöten Duscaths.
Wer lange Beschreibungen von Gewissenskonflikten eines homosexuellen Klosterbruders, die sich mit sehr ins Detail gehenden historischen Vorgängen abwechseln, mag, der kann dieses Buch gerne lesen. Dass dabei ein guter Einblick in das klösterliche Leben des Hochmittelalters gegeben wird, ist positiv zu erwähnen. Ebenso die gute Charakterzeichnung der zahlreichen Hauptakteure, die im 25-seitigen Personenindex aufgelistet sind. Dennoch ist es mir bei weitem zu langatmig. Ich lese diese Art Bücher gern und habe mich einige Tage mit dem Buch gequält. Dann habe ich es nach etwa der Hälfte des Buches abgebrochen, was bei mir fast nie vorkommt. Sollten sich in der zweiten Hälfte und im Bericht des Simon de Quincy am Ende noch literarische oder inhaltliche Leckerbissen verbergen, so werden sie mich leider nicht mehr erreichen. So war das Lesen dieses Buches vertane Zeit.
Meine Bewertung:
Diese Wertung vergebe ich, weil ich das Buch Unterhaltung und Genuss suchend gelesen habe. Ob man den Roman auch mit wissenschaftlichen Augen eines (Religions-)Historikers lesen kann, vermag ich nicht zu beurteilen. Falls ja, würde das Urteil vermutlich besser ausfallen.
