Mark Canter: Sonnentochter

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Tirah
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Mark Canter: Sonnentochter

Beitrag von Tirah »

Mark Canter: Sonnentochter



Klappentext:
Ember Ozette entwickelt sich dem winzigen Embryo einer seit Jahrhunderten im Ewigen Eis eingeschlossenen schwangeren Neandertalerin, die ein Wissenschaftler entdeckt hat. Dr. Yute Nahade hält seine Entdeckung geheim, aus Gründen, die viel tiefer liegen, als er selber glaubt. Er veranlaßt eine Leihmutter, den Embryo auszutragen und ein Neandertaler-Baby erblickt das Licht der Welt.
Ember wächst bei den Quanoot-Indianern in der Nähe der Whaler Bay in Washington auf, ebenso ein Kind unserer Zeit wie ihre Altersgenossen. Sie fühlt sich wohl in ihrer Familie, wird eine ausgezeichente Sportlerin und durchstreift die Wälder der Umgebung. Trotzdem ist ihr Anderssein immer wieder ein Anlaß zu Mißverständnissen und Befremdung.
Warum sind ihr außergewöhnliche Fähigkeiten gegeben - die Kraft, zu heilen, die seltsamen, lebhaften Visionen, die sie im Schlaf verfolgen? Ihre Vision von einer Gruppe geheimnisvoller, goldhäutiger Menschen treibt die Suche nach Antworten voran - sind es die letzten Überlebenden ihrer Art, die vor einem Völkermord fliehen? Liegt ihre Rettung in Embers Hand? Wer sind sie, warum rufen sie Ember und wo kann sie diese Menschen finden?
Auf dem Höhepunkt der spannenden, rätselhaften Geschichte muß Ember die Suche nach ihren Vorfahren aufnehmen. Sie weiß nicht genau, warum es sie so drängt, aber sie fühlt, daß es nichts gibt, was ihr stärker am Herzen liegt.
Aber wie alle Reisen, zu denen man voller Leidenschaft aufbricht, so führt auch diese Ember weit fort von ihrem Zuhause und tief ins Innerste ihres Herzens, hin zu größerem Wissen über ihre Vergangenheit, über sie selbst und über die Bedeutung ihrer Träume, die sie ihr Leben lang verstehen wollte.


Allgemeines:
Das Buch ist sowohl auf deutsch als auch auf englisch nur noch gebraucht erhältlich.


Beurteilung:
Sonnentochter erzählt von der jungen Ember, die anders aussieht als andere Kinder. Sie weiß, daß sie adoptiert wurde und liebt ihre Adoptiveltern und ihre kleine Schwester, deren leibliches Kind. Wären da nicht die ständigen Hänseleien der anderen Kinder, hätte sie eine völlig normale Kindheit. Erst mit 18 Jahren macht sie sich auf die Suche nach ihren Wurzeln und erfährt von Dr. Nahade, woher sie wirklich stammt - und daß ihre leibliche Mutter bereits vor fünfundzwanzigtausend Jahren starb… Langsam erschließt sich ihr die Bedeutung ihrer Visionen, die sie von Kindheit an hatte und sie lernt, die Besonderheiten ihres Volkes zu verstehen.

Ich konnte dieses Buch keiner Kategorie zuordnen, „Wissenschaftsthriller“ trifft es vielleicht noch am ehesten. Ob es wirklich möglich wäre, aus einem derart alten Leichnam einen intakten Embryo zu entnehmen und diesen dann auszutragen, sei mal dahingestellt.
Es gibt zwar nicht viele, aber doch einige Bücher, die sich mit Neandertalern in der heutigen Zeit befassen. Tatsächlich ist wohl einiges immer noch ein Rätsel und Mark Canters Roman ist eben das: ein Roman und kein wissenschaftlicher Bericht.
Ember gehört zu den „Goldenen“ einem ganz besonderen Volk, das über ausgeprägte empathische Fähigkeiten verfügt und sehr friedfertig ist. Ember selbst und auch die Schilderung der Goldenen ist sehr berührend und man bedauert, daß es ein solches Volk nicht (mehr) gibt.
Leider hat der Roman auch einige Schwachstellen: Embers Kindheit wird nur kurz geschildert, daraus hätte man mehr machen können, wenn auch die wesentlichen Punkte zur Geltung kommen (ihr Aussehen, ihre Sprachstörungen). Auch Dr. Nahades Vorgeschichte hätte etwas umfangreicher ausfallen können.
Am meisten hat mich jedoch das Ende gestört. Nach einer leisen (aber nicht langweiligen!) Geschichte folgt ein Showdown, der kinoreif ist. Das paßte einfach nicht zusammen, der Epilog hingegen fügt sich dann wieder in das leise Muster des Buches ein.
Trotzdem ist es insgesamt ein sehr schönes Buch, das ein wenig zum Träumen anregt.


Meine Wertung:
:buchwurm02:

Originaltitel: Ember from the Sun
Übersetzer: Joannis Stefanidis
Kategorie: nicht zuordbar (vielleicht „Wissenschaftsthriller“?)
Hardcover
Bertelsmann-Ausgabe
380 Seiten
Zuletzt geändert von Tirah am Montag 23. Oktober 2006, 19:17, insgesamt 1-mal geändert.
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My recurring fantasy about libraries is that at night, after everyone goes home, the books come to life and mingle in a fabulous cocktail party. (Neal Wyatt)
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Tirah
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Beitrag von Tirah »

Hier noch mehrere Dinge, die mir aufgefallen sind, als Spoiler (nur lesen, wenn man das Buch kennt oder sich den Spaß verderben will ;) ):
Achtung Spoiler!
* Dr. Nahade hat 18 Jahre lang geduldig gewartet, daß Ember zu ihm kommt. Warum wird er dann auf einmal derart fanatisch, daß er sie kidnappt und sogar auf sie schießt? Diese Persönlichkeitsentwicklung paßte irgendwie nicht zu ihm (obwohl er ja ohnehin von Anfang nicht gerade die sympathischste Figur in dem Buch war).

* Den Epilog finde ich sehr schön, der neue Beginn einer Generation von Goldenen. Aber inwieweit wäre ein solches Volk in unserer Welt überlebensfähig?

* Größtenteils ist Sonnentochter ein sehr ruhiger Roman, der meiner Meinung nach sogar noch mehr Indianermythen enthalten könnte. Gerade deshalb empfand ich den Showdown als besonders störend. Der gierige Minenboß, der die Indianer ausbeutet und ohne zu Zögern Unschuldige um des Profites willen tötet, wirkte einfach aufgesetzt.
Zu vieles kommt hier zusammen: Neandertaler, das Volk der Goldenen, das Wunder eines lebenden Neandertalers, Indianermythen, der Konflikt zwischen Indianern und Weißen und ein Wissenschaftler, der nicht mehr ganz zurechnungsfähig ist.
Tirah
Nichts ist schöner als ein Buch in der Hand, ein Glas Rotwein neben sich und schnurrende Katzen auf dem Bauch zu haben. (Elke Heidenreich)
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