Geraldine Brooks: Das Pesttuch

Historische gebundene Blätter
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Tirah
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Geraldine Brooks: Das Pesttuch

Beitrag von Tirah »

Geraldine Brooks: Das Pesttuch



Klappentext:
Im Frühjar 1665 klopft der fahrende Schneidergeselle George Viccars an die Tür der jungen Witwe Anna Frith. Anna muß nach dem Tod ihres Mannes in den Bleigruben des englischen Peak District hart ums Überleben kämpfen. So erscheint ihr der Logisgast wie ein Geschenk des Himmels.
Als Anna eines Morgens von ihrer Arbeit im Pfarrhaus zurückkehrt, findet sie den Schneider in einem furchtbaren Zustand: Eine riesige lila-gelbe Beule verunstaltet das schmerzverzerrte Gesicht des Mannes. Als Viccars wenig später stirbt, klingt in Annas Ohren sein Schrei nach: „Um Gottes Willen, verbrennt alles!“ Wenige Tage später sterben die ersten Kinder. Die Pest ist im Dorf eingezogen.
Abgrundtiefe Verzweiflung, namenlose Angst und das schreckliche Sterben bringen einige Bewohner schier um den Verstand. In einer dramatischen Predigt trotzt der Pfarrer seinen Gläubigen ein Gelöbnis ab: Niemand wird das Dorf verlassen, niemand hineingelassen, bis diese Prüfung Gottes bestanden ist. Ein Jahr der Schrecken und Wunder bricht an. Zwei Drittel der Bevölkerung werden dahingerafft; Lynchmorde und Ausbrüche von Wahnsinn erschüttern das Dorf. Und doch erlebt Anna Augenblicke des Glücks. Sie und die Pfarrersfrau Elinor werden Freundinnen. Und dann - nach dem großen Feuer - ist alles vorbei. Doch die schwerste Prüfung, an der selbst der Pfarrer zerbrechen wird, steht Anna noch bevor.


Beurteilung:
Bereits beim Lesen des Klappentextes bekam ich eine Gänsehaut.
Anna erzählt die Geschehnisse in der Ich-Perspektive, wodurch vieles erschreckender wird. Besonders die Erzählung vom Tod ihrer Kinder ist sehr berührend und die düstere Atmosphäre im Dorf wird sehr deutlich. Einige Landschaftsbeschreibungen hätten jedoch ruhig etwas weniger detailliert ausfallen können.
Manche Charaktere fand ich nicht überzeugend; die Guten waren mir zu gut, die Bösen zu böse. Auch gab es einige Ungereimtheiten, das Ende z.B. hätte ich mir anderes vorstellen können (tatsächlich hat das Ende auch einen Buchwurm in der Wertung gekostet).
Trotzdem werde ich das Buch sicher nicht so schnell vergessen. Die Angst, die Unsicherheit und die Wut der Dorfbewohner werden gut dargestellt und machen die Schrecknisse dieser Zeit deutlich.


Meine Wertung:
:buchwurm02:

Originaltitel: Year of Wonders. A Novel of the Plague
Übersetzerin: Eva L. Wahser
Kategorie: Historisch / 17.Jahrhundert / England / Pest
Hardcover
Bertelsmann
352 Seiten
ISBN: 3570006735
Zuletzt geändert von Tirah am Montag 20. Februar 2006, 19:13, insgesamt 3-mal geändert.
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My recurring fantasy about libraries is that at night, after everyone goes home, the books come to life and mingle in a fabulous cocktail party. (Neal Wyatt)
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Tirah
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Beitrag von Tirah »

Hier noch mehrere Dinge, die mir aufgefallen sind, als Spoiler (nur lesen, wenn man das Buch kennt oder sich den Spaß verderben will ;) ):
Achtung Spoiler!
Es gibt im Buch einige Stellen, die mich gestört haben:

* Elinor ist einfach zu gut, um wahr zu sein
* Daß zwei unerfahrene Frauen alleine in einer Nacht- und Nebelaktion Blei aus einem Stollen sprengen, halte ich für sehr unwahrscheinlich
* Der Pfarrer bleibt das ganze Buch hindurch sehr düster
* Was die Bettszenen am Ende mit dem Pfarrer sollten, habe ich nicht verstanden und erst recht nicht sein sonderbares Verhältnis zu Elinor. Beides fand ich eher überflüssig - es hätte doch gereicht, wenn Anna das Dorf verlassen will, um ihren Erinnerungen zu entkommen.
* Daß die Gutsherrenfamilie wieder auftaucht und die Gutsherrin im fortschrittenen Alter schwanger ist, wirkte sehr konstruiert. Erst recht, daß nur Anna das Kind retten konnte und daraufhin beschließt, Hebamme bzw. Heilerin zu werden.
* Daß die Tochter der Gutsherrin das Baby ertränken will, paßte auch nicht so recht dazu. Dieses ganze Handlungsstrang wirkte aufgesetzt und störend.
* Annas Leben in Oran gefällt mir und ich kann mir gut vorstellen, daß sie dort ihre Berufung gefunden hat - aber: wie wahrscheinlich ist es, daß eine Frau ihrer Herkunft im 17.Jahrhundert alleine nach Oran kommt? Und müßte sie sich nach ihren Erfahrungen und mit ihrer Selbständigkeit dort nicht sehr eingeengt fühlen?
Tirah
Nichts ist schöner als ein Buch in der Hand, ein Glas Rotwein neben sich und schnurrende Katzen auf dem Bauch zu haben. (Elke Heidenreich)
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