Philosophisches

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Toppel
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Beitrag von Toppel »

In der Quantenphysik ändert schon die bloße Beobachtung das Verhalten der Quanten an sich.

Wer will also daher das Verhalten des Universum betrachten.

Wir sind dazu noch nicht in der Lage. Wir sind nicht das Ende Evolultion.

Gehen wir mal eine Milliarde Jahre in die Zukunft.
Wie wird die vorherrschende Intelligenz dann über die jetzige "Krone der Schöpfung" denken?

So, wie wir über ersten Amöben denken?
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Ottfried
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Beitrag von Ottfried »

Ha, auf den letzten Beitrag von Korgrim habe ich gewartet :o

Genau da liegt eines der größten Irrtümer, welches viele Wissenschaftler für lange Zeit beschäftigt hat.

Die Ansicht die du da beschreibst ist genau die, welche bekannt ist durch den Begriff "Determinismus".

Das bedeutet, dass im Grunde alles in der Zukunft vorhersagbar ist, wenn ich den aktuellen Zustand nur genau genug kenne und mir die Regeln der Physik bekannt sind. Die Tatsache das die Zukunft oft dennoch unverhersehbar ist, wird hier damit erklärt, dass ich nur nicht genau genug messen kann oder der menschliche Geist zu klein ist, um dies zu verstehen.

Aber genau diese Determinismus-Theorie ist erst vor kurzem durch die Choastherorie wiederlegt worden.

Die Chaostheorie beschreibt, dass ich bestimmte Prozesse nicht voraussagen kann, egal wie genau ich messe oder wie intelligent ich an das Problem rangehe.

Ihren tiefsten Ursprung hat das Choas in der Quantenmechanik und der Heisenbergschen Unschärferelation. Diese besagt, dass ich niemals (wiederhole niemals) gleichzeitig den genauen Ort und Impuls eines Quantenteilchens bestimmen kann. Ich kann unendlich genau den Ort eines Teilchens messen aber durch die Messung selbst, verändere ich den Impuls des Teilchens auf unbestimmte Weise. Wenn ich aber auf der anderen Seite den Impuls genau berechne, verändere ich den Ort des Teilchens auf unbestimmte Weise.
Es gibt hierfür eine absolut untere Grenze (beschrieben durch Heisenberg) unter der ich niemals gleichzeitig den Ort und Impuls bestimmen kann (unabhängig von der Messmethode).

Aufgrund dessen ist die Quantenmechanik zu einem gewissen Grad zufällig und erst die riesige Masse an verschiedenen Teilchen erlaubt wieder eine Voraussage, da hier die mathematischen Methoden der Statistik greifen.

Also wenn Chaosthoretiker von Chaos sprechen, dann meinen Sie damit genau diese Unverhersagbarkeit der Zukunft und zwar nicht weil die Messmethoden nicht ausgefeilt genug sind, sondern weil das ein inertes Verhalten dieses Systems ist.

Das führt zu weitreichenden Folgen. Deterministen behaupteten früher, dass die gesamte Zukunft vorhersagbar ist, wenn man den Ist-Zustand nur genau genug kennt. Dies würde in der extremsten Auslegung dieser Theorie dazu führen, dass damit auch das Verhalten und das Denken eines jeden einzelnen Menschen zu jedem Zeitpunkt vorhersagbar sein könnte. Das heißt wir haben also keinen freien Willen mehr, sondern alles ist schon vor langer Zeit determiniert, also festgelegt worden.

Erst die Chaostheorie hat diesem Glauben ein jähes Ende beschehrt, da jetzt im wahrsten Sinne des Wortes der Zufall eine entscheidende Rolle spielt (und hier war Einstein verkehrt, als der behauptete "Gott würfelt nicht", denn er tut es nämlich doch ;) ). Somit ist für alle Zeiten sicher gestellt, dass niemand unserer Gedanken im voraus errechnet könnte und damit bleibt uns immer der "Freie Wille" :)
Toppel
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Beitrag von Toppel »

Na, mit dem freien Willen ist das so eine Sache.

Mitunter wird dieser von anderen, instinktiven Bedürfnissen überlagert:
- wer hat schon mal richtig Hunger gehabt?
- wer musste schon mal nötig aufs Töpfchen?
- wer war schon mal über beide Ohren Verliebt?
- war war schon mal richtig müde?

Nur ein kleiner Teil unserer Entscheidungen wird, wirklich frei, von unserem Ratio entschieden. Viel mehr entscheidet unser Bauch.


;)
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Morgan
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Beitrag von Morgan »

@ Ottfried: RESPEKT!!! Super Beitrag, steh ich voll hinter!

@Toppel: Ich glaube nicht, das mein Bauch entscheidet.
Ich hab körperliche Grenzen aber die beeinflussen nicht meinen Willen.

Hab schon 14 Tage nichts gegessen oder den Magen anders gefüllt, Hunger vergeht
War schon öfters 72 Std wach, schlaf kann man abschalten, stirbt man nur dran, wenn man ihn zu lange aufhält, genau wie Hunger.
Das Töpfchen kann man auch aufhlaten eine gewisse Zeit. Oder einfach laufen lassen, das beeinflusst nicht meinen Willen, sondern nur die Gesellschaft und mein Ansehen in dieser. :?
Wir wollen nicht spalten - wir wollen versöhnen, vertöchtern, veronkeln, vertanten, verneffen und vernichten!
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Beitrag von Toppel »

@Morgan

Du hast durchaus Recht.
Mit einem starken Willen können wir unsere Instinkte zum großen Teil übergehen.
Hier ist die Selbstdisziplin dem Bauch überlegen. Bis hin zum Hungertod durch Fasten.
Sogar unseren eigenen Tod können wir durch eine bewusste Entscheidung, entgegen aller Instinkte und Triebe, herbeiführen oder in Kauf nehmen, wenn uns etwas dieses Opfer Wert ist.

Ich spiele mehr auf die vielen, kleinen, unbedachten Entscheidungen an, die wir nicht bewusst treffen.

Hier nimmt der Bauch uns oft Entscheidungen ab, ohne dass wir das bemerken.

Hier hilft nur ein bewussteres Leben um sich dessen klar zu werden.
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Gesior
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Beitrag von Gesior »

Auch diese (Bauch-)Entscheidungen sind meine Entscheidungen.
Wer sagt denn, dass nur die rationalen Entscheidungen die wirklich freien Entscheidungen sind?
Wenn ich die Entscheidungen "aus dem Bauch" treffe oder sie von meiner Müdigkeit beeinflussen lasse, dann bleibt es doch meine (freie) Entscheidung.
Aber ist das hier nicht ein Nebenthema?

Ein weiteres Nebenthema - wie ich finde - ist das Thema Quantenphysik und Chaostheorie.
Ottfrieds Beitrag ist toll. Respekt. :verneig:

Aber er führt, zusammen mit den anderen rein technischen Beiträgen vom philosophischen Thema weg, oder?
Natürlich kann man Chaos und Ordnung auch rein technisch sehen. Die Nicht-Vorhersagbarkeit von quantenphysikalischen Messungen, Impulsen und Orten ist natürlich im mathematisch-physikalischen Zusammenhang sehr interessant. Der Beitrag bringt auch Licht in diesen Aspekt von Chaos und Ordnung. Nämlich die Sichtweise im Mikrokosmos.

Was mich interessiert, ist die individuelle Entscheidung, die sich der allgemeinen (vermeintlich guten?) Ordnung unterordnet bzw. anpasst oder eben nicht. Aus der Art dieser Entscheidung ziehe ich den Schluss, ob sie chaotisch ist oder der Ordnung dienend. Und ich ziehe den Schluss aus den Gründen der Entscheidung.

Meine Theorie
zu chaotsichem oder ordnungsförderndem Verhalten
des Individuums:

In dieser individuellen Sicht ist eine Entscheidung chaotisch, wenn sie rein aus individuellem Interesse getroffen wird - im Extremfall sogar ohne Betrachtung von Zusammenhängen oder Umfeld.
Entscheidet ein Individuum sich aber, um allgemeine Ziele oder das Streben Mehrerer zu unterstützen, dann ist es (meistens) keine chaotische Entscheidung. Ist es dann eine Entscheidung im Sinne der Ordnung?
Da muss man aufpassen, dass man nicht Chaos/Ordnung mit Böse/Gut verwechselt.


Und es gibt auch noch die Sichtweise "Makrokosmos":

Die Vorhersagbarkeit von Entscheidungen von Völkern oder großen (gesellschaftlichen) Entwicklungen ziehen ihren Ursprung immer aus (vielen?) einzelnen Individualentscheidungen.
Wo hört da Ordnung auf, wo fängt Chaos an. Und umgekehrt umgekehrt.
Seien Sonne, Wind und Wasser sanft um Euch und die Götter Euch wohlgesonnen!
GESIOR PALARE MIRRO
scolastcus artum arcanum. dominus mysteriorum. magister magicum.

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Ottfried
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Beitrag von Ottfried »

Ich denke die von Gesior aufgeworfenen Fragen sind äußerst interessant, insbesondere die Frage, ob Entscheidungen ganzer Völker oder gesellschaftlicher Entwicklungen Vorhersagbar sind.

Auch hier gibt das Thema der Chaosforschung denke ich einige Antworten.

Die Chaosforschung beschäftigt sich ja nicht nur mit dem Chaos selbst, sondern insbesondere mit dem Übergängen von Chaos und Ordnung.

Fast alle komplexen Vorgänge haben sowohl Elemente der Ordnung wie auch des Chaos in sich. Das bedeutet, dass auch in komplexen Prozessen die eigentlich dem Chaos unterworfen sind, bilden sich quasi aus sich selbst heraus immer wieder Inseln der Ordnung.

An einem konkreten Beispiel heißt das folgendes.
Das Wetter ist unendlich komplex und gehorcht dem Gesetz des Chaos. Daher wäre eigentlich jegliche Wettervorhersage unmöglich. Wir wissen aber das innerhalb des chaotischen Wetters sich immer wieder Inseln der Ordnung bilden, wie zum Beispiel stabile Hoch- und Tiefdruckgebiete. Diese Inseln der Ordnung erlauben es uns nun mit sehr großer Zuverlässigkeit kurzfristige Wettervorhersagen zu machen. Gleichzeitig führen aber die chaotischen Elemente des Wetters dazu, dass langfristige Voraussagen unmöglich sind und vereinzelt auch kurzfristige Voraussagen falsch sein können.

Bei den Entscheidungen von Staaten ist es im Prinzip genauso. In dem chaotischen Gewusel von 6 Milliarden Individuen auf unserem Planeten bilden die Staaten Inseln der Ordnung in einem an sich Chaotischen Zustand. Dadurch sind Voraussagen über das Verhalten von Völkern durchaus möglich, wobei aber immer auch ein Element der Unvorhersagbarkeit bleibt.
Für Deutschland beispielsweise kann man es so beschreiben. Wenn irgendeine Außenpolitische Frage (z.b. Gaza Konflikt) auftaucht, kann man mit einiger Gewissheit voraussagen, wie die Position Deutschland aussehen wird. Aber auch in dieser Insel der "Ordnung" kann plötzlich das Chaos wieder zuschlagen, indem beispielsweise ein einzelner Palistinänser (oder auch Israeli) sich entscheidet den gesamten Bundestag inklusive aller Kabinettsmitglieder in die Luft zu sprengen.


Die Interessante Frage ist hierbei auch, warum sich in allen chaotischen Systemen diese Inseln der Ordnung von selbst bilden. Ganz offensichtlich ist dies ein inertes Verhalten unseres Universums und ist Anwendbar in so verschiedenen Gebieten wie dem Wetter, dem Verhalten von Staaten, der Bildung unserer Galaxien, dem Verhalten von Ameisenvölkern, ect. ect....

Mathematisch beschrieben wurde dieses Phenomen durch die Fraktale in der Chaosforschung. Hierbei wurden einfache mathematische Formeln miteinander verknüpft, welche Unweigerlich im Chaos enden müssen. Aber auch in diesem mathematischen Chaos bilden sich wieder Inseln der Ordnung (vielleicht hat ja noch jemand die schönen Bilder von Fraktalen vor Augen).

Die wissenschaftliche Frage lautet also:
Wie erkenne ich diese Inseln der Ordnung und welche Voraussagen kann ich treffen.

Die philosophische Frage lautet:
Warum gibt es überhaupt diese Inseln der Ordnung (und wie beschrieben sind sie allgegenwärtig)

Auf die philosophische Frage hätte ich drei möglich Antworten parat (aber es gibt sicherlich darauf soviele Antworten wie Sandkörner in der Wüste).

1.
Stelle keine Fragen auf die es keine Antworten gibt :o

2.
Wäre es nicht so, wären wir gar nicht hier, um solch philosophische Fragen zu stellen :o

3.
Dieser Hang zur Ordnung ist durch einen Schöpfer vorgegeben (ich persönlich glaube aber an keinerlei Theorie über einen allmächtigen Schöpfer, also ist für mich persönlich diese Antwort Unfug 8) )
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Ottfried
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Beitrag von Ottfried »

Vielleicht noch ein kurzer Nachtrag zu Gesiors anderer Frage, wie und warum der einzelne seine Entscheidungen trifft.

Es scheint mir so zu sein, dass der Einzelne überwiegend die Tendenz hat der bestehenden Ordnung zu dienen, insofern dies nicht fundamental gegen seine eigenen Interessen steht.
Dabei kann es ruhig auch die Ordnung einer Schreckensherrschaft wie der des dritten Reiches sein.

Für mich ist offensichtlich dieser Hang zur Ordnung uns in die Wiege gelegt und ist vielleicht einfach auch nur ein kleiner Ausschnitt des vorher beschrieben Phenomens, dass im ganzen chaotischen Universum sich von selbst Inseln der Ordnung bilden (diese Aussage ist vielleicht weit hergeholt, aber ich denke es lohnt sich mal darüber nachzudenken)
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