Sebastian Faulks: Gesang vom großen Feuer

Historische gebundene Blätter
Antworten
Benutzeravatar
Tirah
Druide
Druide
Beiträge: 2168
Registriert: Sonntag 17. Dezember 2000, 20:01
Wohnort: Gorond im Lande Gimmonae

Sebastian Faulks: Gesang vom großen Feuer

Beitrag von Tirah »

Sebastian Faulks: Gesang vom großen Feuer

            

Inhaltsbeschreibung:
Der Roman schildert das Schicksal des Engländers Stephen Wraysford während des Ersten Weltkriegs. Er ist Leutnant und liegt mit seiner Einheit in Frankreich, wo er eine der größten Schlachten dieses Krieges miterlebt. Unvermutet wechselt dann der Schauplatz der Handlung von den Schlachtfeldern Flanderns in das England des Jahres 1978. Aus Anlaß des 60. Jahrestags des Waffenstillstands beginnt eine junge Frau, Nachforschungen über ihren Großvater Stephen anzustellen, der an dem schrecklichen Kriegsgeschehen beteiligt war.


Beurteilung:
Das Buch spielt auf mehreren Ebenen. Zum einen ist da Stephen Wraysford, der im Jahre 1910 aus beruflichen Gründen nach Amiens kommt. Dort verliebt er sich in die Frau seines Gastgebers, Isabelle Azaire. Beide beginnen eine leidenschaftliche Affäre und Isabelle verläßt ihren Mann, um mit Stephen zusammenzuleben.
Im Jahre 1916 findet sich Stephen in den Schützengräben des ersten Weltkriegs wieder.
1978 schließlich lebt Elizabeth, Stephens Enkelin. Sie hat ihn nie kennengelernt und beginnt, Nachforschungen über ihn anzustellen. Ihr eigenes Leben verändert sich durch das, was sie erfährt.

Die Liebesgeschichte zwischen Stephen und Isabelle bleibt merkwürdig blass und viele Dinge werden nur unzureichend erklärt. Die Zeit im Schützengraben jedoch ist erschreckend. Der Horror des Krieges wird mit einer unglaublichen Intensität und Eindringlichkeit beschrieben. Dabei sind es Dinge, die mit dem Krieg gar nichts zu tun haben, die den Schrecken besonders deutlich werden lassen. Da ist zum Beispiel Jack Firebrace, ein einfacher Soldat. Während er an der Front ist, erfährt er, daß sein einziger Sohn schwer erkrankt ist. Gerade diese Dinge machen jedoch deutlich, daß es sich um Menschen mit einem eigenen Leben handelt, die dort im Krieg „verheizt“ werden - nicht nur um unbedeutende Soldaten, deren Namen vielleicht später auf Mahnmalen auftauchen.
Leider bleibt die Figur von Stephen während des ganzen Buches über sehr blass, andere Personen (wie z.B. Jack Firebrace) wurden sehr deutlich.
Der Einschub von Elizabeth, die sich auf die Spurensuche nach ihrem Großvater Stephen begibt, bezweckt zwei Dinge: zum einen macht er deutlich, wie die Geschichte weitergeht und daß auch ein solcher Krieg die Spuren der Menschen, die an ihm teilgenommen haben, nicht völlig verwischen kann. Zum anderen wird jedoch auch klar, wie wenig wir in unserer heutigen, sicheren Zeit von diesem Krieg und dem Leiden, das er verursacht hat, wissen. Außerdem sind die Kapitel um Elizabeth wichtig, um Abstand zu dem Geschehen in den Schützengräben zu bekommen - eine Pause von dem Schrecken sozusagen, zumindest für den Leser.
Natürlich ist es sonderbar, wenn man als Deutscher den Krieg von der „anderen“ Seite beschrieben bekommt, in einem Buch, in dem die Deutschen als Feinde verhaßt sind.
Das Ende jedoch ist großartig - sowohl in Stephens Zeit, als auch im Jahr 1979 bei Elizabeth.

Es gibt Bücher, die einen nicht so schnell loslassen. Bücher, die einem noch lange nachgehen und die es einem schwer machen, sich auf ein neues Buch einzulassen. Gesang vom großen Feuer gehört dazu.


Meine Wertung:
:buchwurm03:

Originaltitel: Birdsong
Kategorie: Historisch / erster Weltkrieg
Hardcover
Schöffling & Co.
604 Seiten
ISBN: 3895616400
Bild

My recurring fantasy about libraries is that at night, after everyone goes home, the books come to life and mingle in a fabulous cocktail party. (Neal Wyatt)
Antworten

Zurück zu „Welke Blätter“