Leben und Sterben des Toppel Dundran

Geschichten die aus Eurer Feder stammen und die Schonung erweitern
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Toppel
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Leben und Sterben des Toppel Dundran

Beitrag von Toppel »

Grüße Euch, Kinder Terras.

Ich werde Toppel Dundran genannt.
Als einfacher Bauer habe ich auf der Horst der Alten Maren Jahrzehnte Terra gedient, ihre Gärten und Felder bestellt und gepflegt. Und als Lohn schenkte Terra meinen Kindern, ihrer Mutter und mir alles, was der Leib braucht.

Nun sind meine Kinder groß, - und bestellen ihre Felder. Meine Arbeit ist getan.
Weit über 50 Sommer schweifte mein Blick über meine Felder zum Horizont, aber am Ende des Ackers musste ich kehrt machen. Jedes Mal.

Doch die Sehnsucht blieb.
Die Frage: was ist hinter dem Horizont?
Welche Völker leben dort?
Welche Geschichten erzählen sie an den Feuern?
Welche Götter beten sie an?

Meine Arbeit ist getan. Nun, solange meine alten Glieder noch die Kraft haben, die ihnen aus dem Acker erwachsen ist, solange mir Zeit gegebenen ist, möchte ich neue Wege beschreiten, Terra zu dienen.

Ich möchte mich wieder dem Lager Terras anschließen. Die Geschichten an den Feuern hören, und von den gehörten Geschichten erzählen. Um die Völker besser zu verstehen, und auch andere verstehen zu lassen. Denn nur so können wir miteinander sein.

So verschieden hat Terra das Leben geformt, und erhält es in seiner Verschiedenheit.
Und so soll es erhalten bleiben.

Doch sollte jemand sich erhaben fühlen, - über andere Völker Terras, andere Rassen oder einen dummen Bauern, - sich anmaßen, anderen die Freiheit oder das Leben nehmen zu können, - wird mein Arm dazwischen sein.
Und auch wenn es ein alter Arm ist, ihn beiseite zu schieben, wird seinen Preis haben …
»For every complex problem there is an answer that is clear, simple, and wrong.« - H. L. Mencken
Toppel
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Re: Leben und Sterben des Toppel Dundran

Beitrag von Toppel »

Ehrlos

Rückzug!

„Wo steht mein Banner?“ denkt der Kämpfer.
Noch steht das blaue Banner, flattert frech im Wind inmitten des feindlichen Sturms.
Doch es ist weit abgeschlagen, hinter den Linien des Banners der Einheit, eingeschlossen vom stinkenden Untod.
Der Kämpfer erkennt Kaela, die nordische Anführerin des blauen Banners, umgeben von ein paar letzten Getreuen. Welle um Welle brandet Untod an die Schilde – und wird niedergemäht.
Ein derber Fluch presst sich durch die Lippen des Kämpfers.
Er hätte dabei sein sollen.
Er hätte sich nicht abdrängen lassen sollen.
Er hätte unter seinem Banner stehen sollen.
Jetzt.

Aber ein Meer von Untod trennt ihn vom Banner. Er kann nicht helfen.
Dann sieht er Kaela zu Boden gehen.
Ist dies das Ende des blauen Banners?

„Mit dir will ich kämpfen“, krächst eine hohle, untote Stimme dem Kämpfer eine Herausforderung entgegen.
Das blaue Banner versinkt in den untoten Fluten. Ob es je wieder aufstehen wird?

Der Kämpfer wendet den Blick, hin zur Quelle der Herausforderung.
Eine untote, weibliche Fratze tritt aus einer Gruppe von Untoten hervor und blickt ihm höhnisch entgegen. Kleiner als er, schwächer, aber mit einem irren Blick in den glühenden Augen. Das zerfetzte Lumpengewand lässt zahlreiche offene und faulige Stellen in ihrem Fleisch unverhüllt. In der kochigen Hand hält sie ein kurzes Schwert.
„Wenn du meinst“, erwidert der Kämpfer. Er ist nicht hier, um sich vor einem Kampf zu drücken.

Der Kämpfer mustert die untote Gestalt. Ein junge Frau muss sie gewesen sein, bevor der Untod sie wandelte. Hinter den fauligen Hautfetzen und den offen Wunden steckte sicher mal ein hübsches Gesicht. Aber davon war nicht mehr viel übrig.
Er würde sie von ihrem untoten Schicksal erlösen.

Der Kämpfer hebt sein Schwert und tritt ihr entgegen. Lässt ihr den ersten Schlag.
Mit einem gellenden Aufschrei springt sie vor, hebt ihr rostiges Schwert und schwingt es mit unerwarteter Kraft und Schnelligkeit zu seiner Seite.
Der Hartholzstab in der linken Hand des Kämpfers fängt den Schlag der stumpfen Klinge. Zur gleichen Zeit fährt sein Schwert in der Rechten herab und trifft den Schwertarm der Untoten.
Mit einem zornigen Schrei springt sie zurück und hält sich die klaffende Wunde. Aber es ist nur ein weiterer, schwarz und ölig nässender Riss in ihrem untoten Fleisch. Kein reinigendes Blut fließt in diesen Gliedern.
Wütend schwingt sie ihren Stahl erneut. Der Kämpfer weicht aus und lächelt leise. Wieder und wieder hebt sie die Waffe, aber die schmutzige Klinge findet keine Lücke. Diese Kreatur wird ihn nicht besiegen.
Schlag um Schlag lässt der Kämpfer kommen, pariert oder weicht aus. Kein Hieb kommt durch. Aber ihr Arm wird langsamer, schwächer.
Nun geht der Kämpfer einen Schritt vor und hebt seinen Stahl für einen Schlag zum Hals. Der untote Arm hebt sich und führt die Waffe zur Abwehr hoch.
Aber das Schwert des Kämpfers zieht nach unten daran vorbei und beißt sich tief in den untoten Oberschenkel.
Ein Schmerzensschrei fährt aus den fauligen Lippen. Humpelnd zieht sich die Angreiferin einen Schritt zurück. Unsicherheit flackert in den wütend funkelnden Augen.

Schmerz!
Als gleißendes Brennen schlägt Stahl in seinen Rücken. Schneidet durch Haut und Fleisch, und zersplittert Knochen.
Von der Wucht des Schlages sinkt der Kämpfer mit einem lauten Aufschrei nach vorn in die Knie.
Ein weiterer Schlag. Eine Axt trifft seinen Waffenarm und prellt sein Schwert aus der Hand.

Er hat nicht auf seinen Rücken geachtet. Wie dumm.

Kniend dreht sich der Kämpfer um, gerade noch rechtzeitig um die genagelte Keule eines dritten Angreifers abzuwehren.
„Wir haben einen Zweikampf ausgemacht“, schreit er die hinterhältigen Angreifer an. Drei untote Lumpengestalten umkreisen ihn.
„Na und?“, blökt ihm einer entgegen. „Nicht mit uns.“
Alle drei heben ihre Waffen und schlagen gleichzeitig zu. Nur einen Hieb kann der Kämpfer abwehren, denn auf Knien ist er fast wehrlos. Keule und Stahl schlagen auf ihn ein, beißen sich in sein Fleisch und brechen seine Knochen. Mit einem Schmerzensschrei geht der Kämpfer zu Boden.
Sein rechter Arm ist taub, die Muskeln zerfetzt. Gebrochene Rippen stechen in seine Lungen und lassen jeden seiner hastigen Atemzüge in einer Woge aus Schmerz erstarren.
Auf dem Rücken liegend, hebt der Kämpfer seinen treuen Stab, zum letzten Widerstand.
„Habt ihr denn keine Ehre im Leib?“, spuckt er den untoten Angreifern ungläubig entgegen.
Grinsend stehen die drei um den am Boden liegenden Kämpfer.
„Nicht in diesem Land.“ sagt einer und hebt seine Axt. „Das hier ist unsere Heimat. Und ihr seid hier eingedrungen.“
Die Axt fährt nieder, aber der gute Stab fängt sie am Stiel. Ein letztes Mal.
Dann fahren Keule und Schwert der anderen Untoten auf den Kämpfer herab und reißen den letzten Widerstand nieder. Der Stab fällt zu Boden.
Eine untote Fratze kniet sich herab und schaut den Kämpfer an.
„Du hättest da­heim­blei­ben bleiben sollen!“ höhnt er mit verächtlicher Stimme - und zieh die Schneide seiner Axt über die Kehle des Kämpfers...
Zuletzt geändert von Toppel am Sonntag 30. Oktober 2016, 00:13, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Leben und Sterben des Toppel Dundran

Beitrag von Toppel »

Der Geist des Kämpfers schaut über die Ebene. Er sieht – nicht so, wie Augen sehen – über das zertrampelte Feld, sieht die zerschundenen Leiber gefallener Gefährten. Er weiß, er müsste sie kennen – aber die verzerrten Gesichter bleiben ihm fremd.

Hier und da erkennt er noch eine Bewegung, einen letzten Herzschlag - oder einen letzten Atemstoß.

Dann erhebt sich ein wabernder Schatten aus einem der leblosen Körper, und wie ein formloses Gesicht blickt sich der Schatten um. Als suche er etwas.

Wie ein starker Sog zieh etwas an dem Schatten, droht ihn fortzureißen, wohin auch immer. Der suchende Blick des Schattens wird verzweifelter, als suchte er etwas, an dem er Halt finden könnte. Doch dann wird er fortgerissen, mit einem verzweifelten, stummen Schrei auf den formlosen Lippen...

Der Geist des Kämpfers spürt den Sog. Etwas zerrt an ihm. Will ihn mit sich reißen. Eine große Macht in dieser Spiegelwelt fordert seine Seele ein.

Da fällt sein Blick auf etwas, das auf dem Schlachtfeld liegt.
Wiedererkennen.
Schweiß und Blut klebt daran. Sein Schweiß und sein Blut.
Es ist sein Hut, gefertigt aus Stroh, aus Pflanzen, die Terra wachsen ließ.
Die fremde Macht zerrt stärker an seiner Seele.

Aber der Kämpfer hat einen Halt gefunden, in dieser fremden Welt.
Etwas, das Terra hat wachsen lassen und das getränkt ist mit seinem Schweiß und Blut.
Und die Seele des Kämpfers klammert sich daran, so stark, dass die fremde Macht sie nicht so einfach an sich ziehen kann.

Der Kämpfer weiß nicht, wie lange er noch standhalten kann gegen diese alles durchdringende Macht.
Aber er gibt nicht auf, kämpft um seine Seele.
Und hofft auf Rettung ...
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